11. September 2001 – Wer warst du heute vor 20 Jahren?

An den 11. September 2001 erinnern wir uns alle. Welche Bilder sind bei dir sofort wieder da: wenn du an den 11. September denkst?

Und dann schau’ ein bisschen weiter: Welcher Mensch warst du damals, am 11. 9. 2001? Wer warst du, wie hast du gelebt, was hat dich beschäftigt, was hast du gemacht, gedacht, gefühlt – in den Wochen & Monaten vor und nach dem 11.9.2001?

Guter Sex und …

Mit 33 Jahren war ich damals eine junge Frau. (Heute fühle ich mich nur noch jung – zwinker zwinker). Ich war knallverliebt in D. – der 8 Jahre jünger war als ich. Der Sex mit ihm war gut. Die Gespräche auch. Das war doch schon mal eine gute Basis….

Trotzdem haben wir uns später getrennt: ich wusste damals schon, dass ich Kinder will. Er, mit 25, abgebrochenem Studium und vielen anderen Baustellen, logischerweise (noch) nicht.

… ein Lebenstraum, den ich mir erfüllt hatte

Am 11.9.2001 hatte ich grad frisch in meinem neuen Job angefangen: nachdem ich mir ein Jahr Sabbatical gegönnt und mir einen Lebenstraum erfüllt hatte. Ich wollte schon immer mal in Italien leben.

Für das Sabbatical hatte ich meinen Führungsjob gekündigt. Ich war zwar nach klassischen Karrieremaßstäben sehr erfolgreich: eigenes Team, weltweite Verantwortung, jede Woche im schicken Business-Kostüm im Flieger unterwegs, das passende Gehalt dazu.

Grottenunglücklich

Vor allem aber war ich grottenunglücklich. Deshalb hatte ich gekündigt und mir von September 2000 bis August 2001 eine Auszeit gegönnt: um über mein Leben nachzudenken.

Zum Abschluss meines Sabbaticals hatte ich mir ein Paar rosa Lackschuhe gekauft: ich wollte mich für den Rest meines Leben dran erinnern, wie rosarot und schön das Leben sein kann – wenn ich die richtigen Entscheidungen für mein Leben treffe.

In Italien hatte ich mir zu Beginn meines Sabbaticals eine pinkfarbene Strickjacke gekauft: sie war so kuschlig und weich. Ganz anders als die strengen Business-Klamotten in seriösem Schwarz, Anthrazit oder Dunkelblau.

Was ich am meisten genoss

Was ich am meisten genoss in meiner Auszeit: so viel Zeit. Ich hatte endlich mal so viel Zeit: musste nie von A nach B hetzen. Konnte trödeln und meinen Gedanken nachhängen. Die Sonne genießen. Kochen. Leckeres Essen.

Lustig im Nachhinein finde ich: obwohl ich damals noch keine Kinder hatte, für 12 Monate keinen Job und deshalb tatsächlich Zeit ohne Ende hatte – es gab genügend Dinge, für die ich „keine Zeit“ hatte. Zum Joggen. Zum Vokabeln lernen.

Erkenntnis fürs Leben

Das war eine wichtige Erkenntnis für mein gesamtes Leben: Es ist nie die Zeit, die fehlt. Es kommt immer drauf an, was wir mit unserer Zeit machen. Das entscheiden wir selbst. Und auch, ob wir dann zufrieden damit sind – oder nicht.

Früher dachte ich immer: wenn ich mehr Zeit hätte, dann…. Oder noch schlimmer: Ich habe nicht genug Zeit.

Im September 2001 war ich noch voller Schwung und Mut und Zuversicht: Ich wusste, was ich wollte. Ich hatte den passenden Job gefunden (dachte ich zumindest damals – hahaha). Damals dachte ich noch: ich muss nur die richtigen Entscheidungen treffen – dann ist alles immer gut. Dann bin ich nie wieder so unglücklich wie damals im Job. Oder früher.

Heute weiß ich: Unglücklich sein, die ganze Gefühlspalette mit Angst haben, traurig oder wütend sein,  gehört auch zum Leben dazu. Auch zu einem glücklich-zufriedenen und erfüllten Leben.

Keine schöne Aufgabe

Im September 2001 hatte ich ein kleines Team von Beratern übernommen: das war Teil der Job-Vereinbarung, dass ich meine Ausbildung zum Führungskräfte-Trainer machen durfte. Es wurde schnell klar, dass das Team nicht genügend Umsatz bringt, nicht genügend Erfahrung & Kompetenz hat, um wirklich erfolgreich zu sein. Von der Geschäftsführung wurde angeordnet: „Team abwickeln“. Keine schöne Aufgabe.

Und zugleich hat es mich dahin gebracht, wohin ich sowieso wollte: ich konnte von den anderen Trainern lernen, wie gute Trainings gehen.

Das wurde mir beim Schreiben erst klar

Und was mir erst jetzt hier beim Schreiben klar wird: auch schon damals habe ich mich damit gelähmt, den Stil anderer zu kopieren – statt meinen eigenen zu finden.

Ich habe lange gebraucht, um mir das zu erlauben: auch im Job einfach nur ich selbst zu sein – keine Rolle zu spielen. Sondern auch im Coaching und in Trainings meinen eigenen Stil zu entwickeln, mein Ding zu machen – und mir das vor allem zu erlauben.

Der Unterschied zwischen Denken und Fühlen

Trotz allem Wissen aus den Ausbildungen, aus der TA (Transaktionsanalyse): Ich bin ok. Du bist ok. Ich bin ok, so wie ich bin. Du bist ok, so wie du bist. So richtig verstanden, durchdrungen, geschweige denn gelebt, habe ich das damals noch nicht.

Was ist falsch? Was ist richtig?

2001 gab es für mich tatsächlich noch richtig und falsch. Ich dachte tatsächlich noch viel mehr in schwarz-weiß- / entweder-oder-Kategorien. Dass ich mit „Sowohl-als-auch“ es mir leichter mache, dass das auch geht – das habe ich erst viele Jahre später gelernt.   

Was ich 2001 auch noch nicht wusste: dass das Leben es immer gut mit mir meint. Auch wenn’s Probleme gibt. Denn auch das wusste ich 2001 noch nicht: dass Probleme zum Leben dazu gehören.

Das war ein Problem

Damals dachte ich noch: Probleme sind ein Zeichen, dass ich etwas falsch mache oder falsch gemacht habe. Oder vielleicht noch krasser: dass mit mir was nicht stimmt.

Heute weiß ich: genau mit dieser Denke, mit diesen Gedanken erschaffen wir uns unsere Probleme. Mit dieser mentalen Haltung, mit diesem Mindset schwächen wir uns. Das ist das Gegenteil von mentaler Stärke.

So entstehen Konflikte

Wenn ich mir nicht erlaube, ich zu sein: dann verbiege ich mich. Dann mache ich mich klein. Oder denke, ich müsste größter oder stärker sein, cooler oder liebevoller – um wirklich ok zu sein.

So entstehen erst die Problem und inneren Konflikte in uns selbst – und auch die Probleme und Konflikte mit anderen Menschen um uns herum. Denn auch die haben ja ihre „Ich bin nicht ok“-Gedanken in sich. Oder ihre „Ich bin nur ok, wenn ich….“-Muster und -Verhaltensweisen.

Das wusste ich 2001 noch nicht

2001 wusste ich noch nicht: Dass ich 3 Jahre später nochmals kündigen würde.

2001 wusste ich schon: Dass es sich lohnt, mutig zu sein. Dass es sich lohnt, mutige Entscheidungen zu treffen. Dass es sich lohnt, nicht immer aufs Umfeld zu hören: deren eigene Gedanken und Gefühle mitschwingen, wenn sie dir einen Rat geben – der für sie stimmig und richtig sein mag. Aber nicht für dich.

2001 konnte ich noch keine Brühe kochen und keinen Hefeteig zubereiten. Der Hefeteig ging nie auf. Jeder kann was anderes gut: ich kann halt keinen Hefeteig – dachte ich damals.

Nie hätte ich gedacht, dass ich mich 20 Jahre später beim Hefeteig kneten entspanne und mich jedes Mal über das langsame Gehen des Teigs freue. Den Duft vom Teig und von den frischgebackenen Köstlichkeiten liebe. Und der Geschmack erst….

Nie hätte ich vor 20 Jahren gedacht, dass mich die vielen Geh- und Wartezeiten beim Hefeteig mich ans wahre Leben erinnern: dass es sich lohnt, geduldig zu sein. Nicht alles auf einmal zu wollen….

Das ist auch nach 20 Jahren noch so

Auch 20 Jahre später will ich immer noch viel zu viel auf einmal. Bin ungeduldig. Mache mir – und oft auch anderen – viel zu viel Druck. Aber immerhin weiß ich es jetzt: ich bin mir dessen bewusst und kann bewusster mit mir umgehen, wenn ich mal wieder frustriert oder ungeduldig bin.

Ich kann den Druck rausnehmen: aus mir. Aus Situationen. Ich kann leichter mit mir und anderen umgehen: auch wenn’s Probleme gibt. Denn von Embodiment-Techniken hatte ich vor 20 Jahren noch nie gehört.

Ich wusste nicht, dass ich 3 Jahre später eine Ausbildung zur Entspannungspädagogin machen und erste Embodiment-Techniken kennenlernen würde.

Fehler!

Heute kann ich viel entspannter mit Fehlern umgehen: mit meinen eigenen und auch wenn andere Fehler machen. Heute weiß und lebe ich: Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug

Mein wichtigstes Learning

Vielleicht ist das das allerschönste, das größte Learning, die wichtigste Entwicklung in den letzten 20 Jahren: dass ich jetzt weiß (nicht nur im Kopf – auch ganz tief in meinem Herzen), dass es das Leben es immer gut mit uns meint. Dass wir immer die Erfahrungen machen, die uns jetzt helfen: zu wachsen, zu heilen. So dass wir uns zu dem Menschen entwickeln, der wir sind.

Die Frage ist bloß: Sind wir offen dafür, der Mensch zu werden, der wir sind? Oder verbiegen wir uns: und wollen etwas oder jemand sein, von dem wir glauben, dass wir so sein müssten, um glücklich und erfüllt zu leben.

Die beste Version von dir selbst?

Du musst nicht die beste oder erfolgreichste oder entspannteste Version von dir selbst werden. Dein Leben wird leichter, schöner und runder, wenn du anfängst dir zu erlauben, du selbst zu sein.

 

Und jetzt du – teils im Kommentar:

Wer warst du 2001?

Was hast du damals schon gekonnt, gewusst, gefühlt und gespürt?

Was hast du damals noch nicht gewusst, gekonnt & gefühlt?

Was hättest du gerne schon vor 20 Jahren gewusst: um heute leichter & zufriedener zu leben?

Und das allerallerallerwichtigste: Wer willst du sein und wie willst du leben – heute und in 20 Jahren?